Dr. HOLGER LUND Home | CV | Projekte | Publikationen | Presse | Impressum |
Dr. Holger Lund
holgerlund@gmx.de


<< Zurück

 

Rhetorik der Erotik. Leopold von Sacher-Masochs Venus im Pelz - eine Textanalyse

Holger Faas

Zusammenfassung der Magisterarbeit

Die Arbeit beschäftigt sich mit Sacher-Masochs berühmtester Novelle, erschienen 1870. Sie veranlaßte den Psychopathologen Krafft-Ebing zu der Begriffsbildung Masochismus. Ziel der Untersuchung ist es, zu zeigen, welche Konzeption von Erotik im Text präsentiert wird, und wie die Präsentation erfolgt. Zudem wird die besagte Konzeption im literatur- und sozialhistorischen Kontext gesehen. Angesichts fehlender Vorarbeiten darf die Arbeit als "Pionierleistung" (Horst Thomé) eingestuft werden.

Der Text erzählt die Geschichte eines Mannes, dem es Lust verschafft, gepeinigter Sklave einer schönen und grausamen Frau zu sein. Treibende Kraft der Handlung ist der Versklavungswunsch und das damit verbundene hierarchische Beziehungsmodell. Die Phantasie der Hauptperson legitimiert die Verwirklichung dieses Beziehungsmodells durch einen an Werken der bildenden Kunst orientierten Ästhetisierungsprozess. Denn die Modellierung des erotischen Verhaltens geschieht über Werke der bildenden Kunst, die nachgespielt werden.

Bei der Präsentation des erotischen Konzeptes erfüllt die Rhetorik zentrale Funktionen. Die erotischen Gedanken und Empfindungen, die in der ungelösten Spannung von Leid-Lust-Paradoxa erstarren, folgen einer pervertierten Logik, die letztlich tragikomisch wirkt. Einerseits ist die Erotik von einem morbiden Willen zur Ohnmacht geprägt. Andererseits bewirkt die komische Seite der Leid-Lust-Paradoxa, welche durch die Kombination von Unverhältnismäßigem entsteht, einen theaterhaften Eindruck. Dieser stellt sich zudem deshalb ein, weil die paradoxe Grundkonstellation (alles geschieht nach dem Willen dessen, der sich seines Willens entschlagen hat) zu einer Differenz zwischen Rolle und Person und damit zur Schauspielerei führt. Die dargestellte Erotik schwankt daher zwischen Ernst und Spiel, wodurch sie gleichsam aufgerieben wird.

Eine Lösung der Problematik deutet der didaktische Schluß der Novelle an: Abhilfe verschaffe nur die rechtliche und soziale Gleichheit der Geschlechter. Zieht man die sozialhistorischen Verhältnisse zu Sacher-Masochs Zeit in Betracht, so ist er mit dieser Lösung durchaus progressiv gewesen. Zieht man die literaturhistorischen Verhältnisse in Betracht, so geht der Text vor allem durch die Didaktisierung über die zeitgleiche Dekadenzliteratur hinaus, der er ansonsten durchaus zuzurechnen ist.



<< Zurück